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Wichtiger Hinweis: Verfahren über Versorgungsausgleich u.U. abtrennen
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- Geschrieben von: Rechtsanwältin Dr. Annette Wittmütz
Strukturreform des Versorgungsausgleich wird kommen
Das Bundeskabinett hat am 21.05.2008 einem Gesetzesentwurf des Justizministeriums zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs zugestimmt. Danach soll künftig jede auszugleichende Versorgung intern geteilt werden, also im gleichen Versorgungssystem. Ziel ist es, gerechtere Ergebnisse zu gewährleisten und das Recht zu vereinfachen.
Unter dem Versorgungsausgleich ist die Aufteilung der während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften im Rahmen einer Scheidung zu verstehen. Hintergrund des Reformvorhabens ist unter anderem, dass etwa die betrieblichen oder berufsständischen Versorgungskassen eine sog. Realteilung bisher nicht vorsehen; die Rentenanwartschaften, die einer der Ehepartner während der Ehezeit dort erworben hat, können derzeit nur über die gesetzliche Rentenversicherung oder eine private Zahlung ausgeglichen werden. Dies führt nicht nur zu außerordentlich komplizierten Berechnungen, sondern auch zu einem geringeren Ausgleich für denjenigen Ehegatten, der weniger Anwartschaften erworben hat.
Die Reform sieht daneben vor, den Versorgungsausgleich bei Ehen von bis zu drei Jahren Dauer grundsätzlich auszuschließen. Auch bei einem lediglich unerheblichen Ausgleichsbetrag soll keine Teilung stattfinden. In beiden Fällen kann das Verfahren bereits nach jetziger Rechtslage ausgeschlossen werden, wenn beide Ehegatten den Ausschluss beantragen - häufig, um das Scheidungsverfahren zu beschleunigen.
Auswirkungen auf die Praxis:
Als Folge der Reform wird künftig der geschiedene Ehegatte bei Eintritt ins Rentenalter eine Rentenzahlung unmittelbar aus der betrieblichen oder berufsständischen Versorgungskasse des früheren Ehepartners erhalten. Allerdings bleibt abzuwarten, ob alle Versorgungsträger, etwa die der Beamtenversorgung, mit einer solchen Realteilung einverstanden sein werden.
Da die Reform zeitgleich mit der Reform zum FGG in Kraft treten soll, ist damit nicht vor Mitte 2009 zu rechnen.
Allerdings sieht der Gesetzesentwurf eine Abänderungsmöglichkeit von bereits durchgeführten öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichsverfahren vor, wenn sich nach der neuen Rechtslage eine wesentliche Änderung hinsichtlich des Ausgleichs eines bestimmen Anrechts ergibt. In diesem Fall müsste der Ausgleich anhand der neuen Gesetzeslage insgesamt neu berechnet und durchgeführt werden.
Als Konsequenz sollte bereits in jetzigen Scheidungsverfahren beantragt werden, den Versorgungsausgleich abzutrennen und erst nach Inkrafttreten der Reform durchzuführen. Voraussetzung ist, dass einer der Ehepartner während der Ehezeit Rentenanwartschaften erworben hat, die eine Realteilung nicht zulassen. Der Ausgleichsberechtigte erhält durch ein Verfahren erst nach Inkrafttreten der Reform voraussichtlich höhere Anwartschaften und ein aufwendiges neues Verfahren im nächsten Jahr wird überflüssig.
Neue Leitlinien zum Unterhaltsrecht
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- Geschrieben von: Rechtsanwältin Dr. Annette Wittmütz
Nach der zum 01.01.2008 in Kraft getretenen Reform des Unterhaltsrechts hat nun das Oberlandesgericht Hamm als erstes in NRW die neuen Leitlinien zum Unterhaltsrecht veröffentlicht.
Die Familiensenate der Oberlandesgerichte erarbeiten regelmäßig sog. Leitlinien zum Unterhaltsrecht, anhand deren sich die Familiengerichte orientieren können, um eine einheitliche Rechtsprechung in einem Oberlandesbezirk zu gewährleisten. Sie stellen zwar keine verbindlichen Regeln dar; die Familienrichter schenken diesen „Vorschlägen" jedoch in der Regel maßgebliche Beachtung, um Berufungsverfahren zu vermeiden. Gerade nach Inkrafttreten der Unterhaltsrechtsreform, die eine Vielzahl von auslegungsbedürftigen, auf den Einzelfall abstellenden Gesetzesregelungen beinhaltet, werden die Leitlinien eine wesentliche Bedeutung für die Praxis erhalten.
Die Leitlinien geben unter anderem Vorgaben für die „Erwerbsobliegenheit" des unterhaltsberechtigten Ehegatten, bestimmen also das Alter der Kinder, ab dem der betreuende Elternteil unterhaltsrechtlich wieder eigenes Einkommen erwerben soll. Das Gesetz sieht hier seit der Reform des Unterhaltsrechts einen sog. Betreuungsunterhalt für die Dauer von nur noch drei Jahren vor; anschließend hat der kinderbetreuende Elternteil - abhängig von den Möglichkeiten der Fremdbetreuung und der besonderen Belange des Kindes - wieder eine Teilzeittätigkeit aufzunehmen.
Das OLG Hamm hat dies nun weiter konkretisiert: Ab dem 4. Lebensjahr des Kindes soll in der Regel eine geringfügige Erwerbstätigkeit erwartet werden können, also ein Minijob. Mit dem Ende des ersten Grundschuljahres soll die Tätigkeit zu einer Halbzeitbeschäftigung ausgedehnt werden, ab dem Ende des ersten Jahres auf der weiterführenden Schule schließlich zu einer Vollzeittätigkeit.
Diese Vorgaben gelten nur für den Fall, dass der unterhaltsberechtigte Elternteil ein Kind betreut; bei mehreren Kindern verweist das OLG auf die „Umstände des Einzelfalles", bietet also keine Konkretisierung gegenüber dem Gesetzestext an.
Auch die gesetzliche Regelung zur Berücksichtigung der Dauer der Ehe, der gemeinsamen Rollenverteilung der Eheleute sowie der ehebedingten beruflichen Nachteile des kinderbetreuenden Elternteils werden nicht weiter mit Inhalt gefüllt. Der unterhaltsbedürftige Elternteil, der eine Erwerbstätigkeit in Abweichung zu den genannten Vorgaben verneinen möchte, hat dies darzulegen und zu beweisen.
Auswirkungen für die Praxis:
Die Familienrichter an den Amtsgerichten werden es auch nach Veröffentlichung der jetzigen Leitlinien schwer haben, die offenen Gesetzesvorgaben mit Inhalten zu füllen. Es bleibt abzuwarten, ob die Oberlandesgerichte Köln und Düsseldorf weitergehende Vorgaben machen.
Verfasserin: Rechtsanwältin und Mediatorin Dr. Annette Wittmütz
14.01.2008
Neue Düsseldorfer Tabelle zum 01.01.2008
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- Geschrieben von: Rechtsanwältin Dr. Annette Wittmütz
Unmittelbar nach der turnusmäßigen Änderung der Düsseldorfer Tabelle zum 01.01.2007 wird es zum 01.01.2008 eine Anpassung der Tabelle an die dann in Kraft tretende Unterhaltsrechtsreform geben. Die neue Tabelle sieht folgendermaßen aus:
Düsseldorfer Tabelle ab 01.01.2008Einkommensgruppe | 0 - 5 | 6 - 11 | 12 - 17 | ab 18 | % | Bedarfs-Kontroll-betrag | |
Alle Beträge in Euro (€) | |||||||
1. | bis 1500 | 279 | 322 | 365 | 408 | 100 | 770/900 |
2. | 1.501 – 1.900 | 293 | 339 | 384 | 429 | 105 | 1.000 |
3. | 1.901 – 2.300 | 307 | 355 | 402 | 449 | 110 | 1.100 |
4. | 2.301 – 2.700 | 321 | 371 | 420 | 470 | 115 | 1.200 |
5. | 2.701 – 3.100 | 335 | 387 | 438 | 490 | 120 | 1.300 |
6. | 3.101 – 3.500 | 358 | 413 | 468 | 523 | 128 | 1.400 |
7. | 3.501 – 3.900 | 380 | 438 | 497 | 555 | 136 | 1.500 |
8. | 3.901 – 4.300 | 402 | 464 | 526 | 588 | 144 | 1.600 |
9. | 4.301 – 4.700 | 425 | 490 | 555 | 621 | 152 | 1.700 |
10. | 4.701 – 5.100 | 447 | 516 | 584 | 653 | 160 | 1.800 |
ab 5.101 | nach den Umständen des Falles |
mit Kindergeldanrechnung nach § 1612 b Abs. 5 BGB
Einkommensgruppe | 0 - 5 | 6 - 11 | 12 - 17 | ab 18 | % | ||
1. | bis 1500 | 202 | 245 | 288 | 254 | 100 | 770/900 |
2. | 1.501 – 1.900 | 216 | 262 | 307 | 275 | 105 | 1.000 |
3. | 1.901 – 2.300 | 230 | 278 | 325 | 295 | 110 | 1.100 |
4. | 2.301 – 2.700 | 244 | 294 | 343 | 316 | 115 | 1.200 |
5. | 2.701 – 3.100 | 258 | 310 | 361 | 336 | 120 | 1.300 |
6. | 3.101 – 3.500 | 281 | 336 | 391 | 369 | 128 | 1.400 |
7. | 3.501 – 3.900 | 303 | 361 | 420 | 401 | 136 | 1.500 |
8. | 3.901 – 4.300 | 325 | 387 | 449 | 434 | 144 | 1.600 |
9. | 4.301 – 4.700 | 348 | 413 | 478 | 467 | 152 | 1.700 |
10. | 4.701 – 5.100 | 370 | 439 | 507 | 499 | 160 | 1.800 |
Drastische Veränderungen beim Ehegattenunterhalt durch die Unterhaltsrechtsreform?
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- Geschrieben von: Rechtsanwältin Dr. Annette Wittmütz
Die zum 01.01.2008 in Kraft tretende Reform des Unterhaltsrechts hat für viele Betroffene Unsicherheit hervor gerufen: In welchen Fällen wird sich etwas ändern, welche Verträge müssen angepasst werden?
Im Gesetzestext des Entwurfs überwiegend eindeutig geregelt sind die Veränderungen in sog. Mangelfällen, also in den Fällen, in denen derzeit Kindesunterhalt von unter 100 % des Regelbetrages der Düsseldorfer Tabelle neben dem Ehegattenunterhalt gezahlt wird. Hier wird sich der getrennt lebende oder geschiedene Ehegatte darauf einstellen müssen, dass sein Unterhaltsanspruch zugunsten der Kinder entfällt oder zumindest verringert wird.
Völlig unklar ist jedoch derzeit noch die Veränderung des Ehegattenunterhalts in den anderen Fällen. Der Entwurf sieht einen Unterhalt für die Betreuung gemeinsamer Kinder von mindestens drei Jahren vor. Allerdings soll sich die Dauer verlängern, „solange und soweit dies der Billigkeit entspricht", wobei „die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung" zu berücksichtigen sind. Auch soll über den Mindestzeitraum hinaus Unterhalt gezahlt werden, wenn dies „unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht".
Diese Formulierungen werfen zahlreiche offene Fragen auf: In der Regel ist die Fremdbetreuung durch Kita oder Kindergarten ab dem 4. Geburtstag des Kindes gesichert, so dass der betreuende Elternteil in Teilzeit wieder erwerbstätig werden kann. Hat er jedoch im Einvernehmen mit dem Ehepartner seine Erwerbstätigkeit zugunsten der „Familienarbeit" aufgegeben oder eingeschränkt, erfolgt eine Entscheidung nach Billigkeitskriterien, was bedeutet, dass die Gerichte je nach Einzelfall entscheiden werden. Ob grundsätzlich die Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit erwartet werden kann und ab welchem Zeitpunkt eine Obliegenheit zur Vollzeittätigkeit besteht, ist also völlig unklar. Großes Konfliktpotential zwischen Elternteilen bietet auch die Anknüpfung an die individuellen Belange des Kindes: Unter welchen Voraussetzungen spricht das Kindeswohl gegen die Aufnahme einer Teilzeiterwerbstätigkeit?
Daneben ist nicht geklärt, wie die Fälle zu behandeln sind, in denen der kinderbetreuende oder haushaltsführende Ehegatte nach der Trennung oder Scheidung keine Erwerbstätigkeit findet, die seiner Ausbildung oder früheren Tätigkeiten entspricht. Gehört dieses Risiko zu den ehebedingten Nachteilen, die der andere Ehegatte auszugleichen hat? Und ab welcher Ehedauer wird nicht mehr erwartet, dass der Unterhaltsberechtigte nach der Trennung für seinen eigenen Unterhalt sorgt? Der nacheheliche Unterhalt ist auf den angemessenen Lebensunterhalt herab zu setzen, wenn eine Orientierung an den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig wäre. Es sollen nur noch berufliche Nachteile ausgeglichen werden, die durch die Haushaltsführung oder Kinderbetreuung entstanden sind; eine Teilhabe an dem ehelichen Lebensstandard als Garantie entfällt. Die Abgrenzung zwischen ehebedingten und solchen beruflichen Nachteilen, die durch die Arbeitsmarktlage verursacht sind, wird Schwierigkeiten bringen.
Es wird Aufgabe der Oberlandesgerichte werden, durch ihre Richtlinien zum Unterhalt die zahlreichen auslegungsbedürftigen Regelungen der Gesetzesreform zu konkretisieren. In der Vielzahl der Fälle wird es zwischen den getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten zu Unklarheiten kommen, ob und in welcher Form Verträge anzupassen oder gerichtliche Regelungen abzuändern sind; es bleibt zu hoffen, dass eine Klagewelle vermeidbar sein wird.
Verfasserin: Rechtsanwältin und Mediatorin Dr. Annette Wittmütz
13.11.2007
Reform der Erbschaftssteuer
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- Geschrieben von: Rechtsanwältin Dr. Annette Wittmütz
Die Regierungskoalition hat sich am Sonntag auf ein Konzept zur Reform der Erbschaftssteuer geeinigt. Im wesentlichen wird sich danach folgendes ändern: